Die Atom-Katastrophe in Fukushima vor sechs Jahren führte in Deutschland zu einem politischen Erdbeben – Angela Merkel verabschiedete sich von der Atomenergie. Die Politik in Frankreich ließ sich dagegen vom GAU in Japan nicht erschüttern. Der noch amtierende Präsident François Hollande versprach lediglich, den Anteil der Atomenergie bis 2025 auf 50 Prozent zu verringern.
Dennoch ist ist Frankreich derzeit immer noch so abhängig vom Atomstrom wie kein anderes Land auf der Welt – rund 75 Prozent des produzierten Stroms kommen aus Atomkraftwerken. Sein Wahlversprechen, die älteste und störanfälligste Anlage in Fessenheim an der deutsch-französischen Grenze bis 2016 abzuschalten, hat Hollande nicht gehalten. Geplant ist nun, das Werk Ende 2018 vom Netz zu nehmen.
Das Kernproblem der französischen Atomenergie: Viele Meiler sind sehr alt. „Der Park der Atomkraftwerke muss dringend sicherer gemacht werden“, so Baasner. Für ihn sei die Energiewende in Frankreich deshalb nur noch eine Frage der Zeit.
„Für die Franzosen ist es jedoch eine Entscheidung aus der Not heraus“, sagt er. Denn seit dem französischen Nachkriegspräsidenten Charles de Gaulle strebt Frankreich nach Unabhängigkeit bei seiner Energieversorgung – und schreckt dabei auch vor dem Einsatz von Risikotechnologien nicht zurück. „In Frankreich dominiert generell der Glaube, dass die Menschheit die Natur beherrschen kann“, erklärt Baasner. „Technischer Fortschritt wird viel positiver gesehen als in Deutschland.“
Unter den fünf Präsidentschaftskandidaten planen deshalb auch nur zwei Politiker den Ausstieg aus der Atomenergie. Die Positionen im Überblick:
1. Marine Le Pen setzt auf Atomenergie
Die Kandidatin der rechtspopulistischen Partei „Front National“ besuchte erst im Januar ein Atomkraftwerk. Dort versicherte sie, dass sie als Präsidentin an der Atomenergie festhalten und alte Anlagen modernisieren werde. Den Reaktor in Fessenheim möchte sie nicht schließen. Sie argumentiert mit dem geringen Ausstoß an CO2 und behauptet, dass die Atomenergie eine der „sichersten“ Energiequellen sei. Vor sechs Jahren bezeichnete sie diese Art der Stromproduktion noch als „unheimlich gefährlich“.
2. François Fillon will eine längere Laufzeit der Reaktoren
Der Kandidat der konservativen Partei „Les Républiains“ möchte die Laufzeit der Atomkraftwerke von vierzig auf sechzig Jahre verlängern. Er plant, die von ihm als „Spitzenindustrie“ bezeichnete Atombranche weiter zu festigen und setzt vor allem auf die neue Technologie der Kleinstkraftwerke (SMR). Die Schließung der Anlage in Fessenheim will er verhindern.
3. Emmanuel Macron setzt sich für weniger Atomenergie ein
Der unabhängige Kandidat der neu gegründeten Partei „En Marche!“ stellte am Donnerstag sein Wahlprogramm vor. Der Ausstieg aus der Atomenergie war in der 45-minütigen Rede kein großes Thema. Macron verfolgt die Politik Hollandes und will bis 2025 nur noch 50 Prozent des Stroms aus Atomkraftwerken gewinnen. Das Kraftwerk in Fessenheim will er schließen. Bis 2030 sollen 32 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen kommen. Als Wirtschaftsminister hatte Macron noch andere Auffassungen vertreten und 2015 in einem Radiointerview von der Atomenergie als „Zukunftsbranche“ gesprochen.
4. Jean-Luc Mélenchon fordert den Atomausstieg
Der linke Präsidentschaftskandidat der „Parti de Gauche“ ist einer von zwei Kandidaten, die einen Atomausstieg durchsetzen wollen. Mélenchon will innerhalb der nächsten zwanzig bis fünfundzwanzig Jahre alle Reaktoren abschalten – auch den in Fessenheim. Im französischen Fernsehen machte er unmissverständlich klar, dass er Atomenergie für gefährlich halte und er viel stärker auf erneuerbare Energien setzen wolle. Sie sollen bis 2050 sogar hundert Prozent des französischen Stroms erzeugen.
5. Benoît Hammon plant den Atomausstieg und den Ausbau erneuerbarer Energiequellen
Der Politiker der französischen Sozialisten plant einen Atomausstieg in mehreren Schritten – 2025 sollen nur noch fünfzig Prozent des Stroms in Atomkraftwerken produziert und die andere Hälfte aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen werden. Bis zum Jahr 2050 will Hammon alle Meiler abschalten. Bei Risikoanlagen wie das Atomkraftwerk in Fessenheim plant er einen früheren Abschalttermin
Quelle: Greenpeace Magazin