Die Veranstaltung einer öffentlichen Diskussion in Deutschland über die Erweiterung des Atomkraftwerkes Temelin hat der deutschen Kanzlerin Angela Merkel der tschechische Premierminister Petr Necas angeboten. Er machte es im Brief, der dem Tschechischen Rundfunk zur Verfügung steht. Das Angebot einer maximalen Transparenz soll heute Abend beim Treffen des tschechischen Regierungsvorsitzenden mit dem bayerischen Premierminister Horst Seehofer gemacht werden.
„Es ist ein Dilemma. Über die Energiewirtschaft entscheidet jeder europäische Staat selbst. Jeder Staat hat das Recht dafür. Er kann ruhig auf die Atomenergie setzen, so wie es auch die Tschechische Republik macht. Aber die Strahlung respektiert keine Grenzen. Und deswegen interessiert sich Deutschland, das auf die Atomenergienutzung verzichtet, für die Pläne Tschechiens auf die Erweiterung des Atomkraftwerkes Temelin. Und damit zwischen den beiden Ländern keine Atom,- oder eher Antiatomemotionen entstehen, hat der Premierminister Necas seiner deutschen Kollegin Merkel eine entgegenkommende Geste angeboten: sprechen wir in Ruhe über Temelin.
Genau das steht im Brief, der dem Tschechischen Republik zur Verfügung steht. Der Premierminister Necas bietet den Deutschen eine öffentliche Diskussion an, und das auf dem deutschen Gebiet. Petr Necas betont im Brief, der die deutsche Kanzlerin Merkel angeblich am vergangenen Freitag bekommen hat, das Interesse daran, dass der Temelin – Ausbau keine negativen Auswirkungen auf die hervorragende Ebene der tschechisch – deutschen Beziehungen hat.
Der Vorsitzende der tschechischen Regierung erwähnt, dass gemäß des europäischen Rechtes und der europäischen Vorschriften Prag nicht verpflichtet ist, die Öffentlichkeit des Nachbarstaates in die Debatte über den Bau zwei neuer Atomreaktoren in Temelin einzubinden. Die Regierung von Necas will aber auf die Transparenz setzen und will die deutschen Partner offen über die einzelnen schritte im Rahmen des Temelin – Ausbaues informieren. Laut Quellen von der tschechischen Diplomatie will sich Tschechien aus der Erfahrung mit Österreich belehren, wo sie die Informationsstrategie über die Atomenergiewirtschaft unterschätzt hat.
Aus Bayern kommen nämlich schon Busse mit den Atomgegnern. Sie schauen und informieren sich, wobei sie noch nicht demonstrieren. Die Angst vor Atom gibt es nämlich nicht nur in Österreich, aber auch in Deutschland. Im Gespräch für den Tschechischen Rundfunk gab es der Chef der deutschen Grünen Cem Özdemir zu:
„Die deutsche Position zur Atomenergie und überhaupt die ganze deutsche Diskussion über die Atomenergie ist primär durch die Angst und durch die Sicherheitskriterien betrieben.“
„Der Energiemix ist zwar eine nationale Angelegenheit, die Sicherheit der neuen Atomreaktoren wird sich aber den strengen internationalen Standards unterordnen müssen. Die radioaktive Strahlung kennt keine Grenzen,“ sagte Özdemir.
Die tschechische Regierung möchte der deutschen Öffentlichkeit die Möglichkeit geben, den tschechischen Experten alles zu fragen, was sie interessiert. Im Brief rechnet man mit der Veranstaltung einer öffentlichen Diskussion zum UVP – Prozess auf dem deutschen Gebiet, an der auch Experten des Staatsamtes für Kernsicherheit teilnehmen werden.
Laut den Quellen des Tschechischen Rundfunks ist nicht ausgeschlossen, dass es mehrere öffentliche Debatten zu Temelin auf dem deutschen Gebiet geben wird.
„Meisten wird mit einer kurzen Vorstellung der Problematik angefangen. Und der Hauptablauf verläuft dann auf Grund der Fragen aus dem Publikum. Die Regel ist so, dass jede Frage beantwortet werden muss,“ sagt Drabova, die Chefin des Staatsamtes für Kernsicherheit, das an der Diskussion für die tschechische Seite teilnehmen soll.
„Wir haben nur eine einzige Sache, die wir möchten, dass sie dort erwähnt und verstanden wird: das kein Staat, das heißt nicht einmal die Tschechische Republik, auf seinem Gebiet etwas dulden würde, was seine Bürger gefährden würde. Wir möchten, dass wir als Partner verstanden werden, die ihre Sache gut kennen und sie so machen, wie es gehört,“ erklärt Drabova.
Die öffentliche Diskussion in Deutschland kann aber Tschechien nicht selbst organisieren. Auch deswegen wird heute der tschechische Premierminister Necas über dieses Thema beim Treffen mit dem bayerischen Ministervorsitzenden Horst Seehofer sprechen, der zu einem offiziellen Besuch nach Prag kam.